Berlin
Neulich waren Berlingers für einige Tage in Berlin. Eine geschichtsträchtige Grossstadt, also waren wir auf einiges gefasst. Und staunten nicht schlecht, als unser Blick, kaum dem Nachtzug entstiegen und dem Bahnhof entflohen, auf die Schweizerfahne fiel. Es war natürlich die Schweizer Botschaft, ein paar hundert Meter vom Hauptbahnhof und nicht weit Kanzleramt und dem Reichstag entfernt.

Während unseres Aufenthalts durften wir die Schweizer Botschaft dann auch kurz von innen besichtigen. Besonders beeindruckt hat mich die Geschichte des Gebäudes, das sich seit genau hundert Jahren im Besitz der Eidgenossenschaft befindet. Wirkte es auf den ersten Blick auf mich wie ein verlässlicher Fels in der Brandung, so wurde ich eines Besseren belehrt: Vor dem 2. Weltkrieg war es ein Teil einer Blockrandbebauung des noblen und ausserordentlich schönen Alsenviertels und hat als einziges und wie durch ein Wunder den Krieg mehr oder weniger unbeschadet überstanden. Als ich das erfahren hatte, versuchte ich mir vorzustellen, wie die Häuserreihe ausgesehen haben könnte, wovon dieser Stadt-Palais ein Teilstück gebildet hatte – und sieh an, auf den zweiten Blick wirkte das Gebäude ganz anders auf mich, ich erkannte Details, die darauf hindeuteten, dass es in eine architektonische Einheit eingebunden gewesen war.
So ziemlich gegenteilig verlief der restliche Teil unseres Aufenthalts. Nicht der Blick aufs Ganze, sondern auf einzelne Ereignisse stand im Zentrum. Die Geschichte der letzten 150 Jahre ist in Berlin ja allgegenwärtig. Den diesbezüglichen Diskurs bestimmten hier unsere heranwachsenden Töchter: Was ist ein KZ? Warum machten die Menschen das? Warum bauten die eine Mauer durch die Stadt? Könnte sowas heute wieder passieren? Auch bei uns?
So wohnte unserem Aufenthalt in Berlin bald etwas Schweres inne. Der abgeklärte Blick der Erwachsenen sah 150 Jahre Geschichte. Die jungen Menschen konzentrierten sich auf einzelne Geschehnisse rund um den zweiten Weltkrieg und liessen keine Ausflüchte zu. Die Grausamkeit, wozu Menschen fähig sind, traf sie mit Wucht – dem konnte auch ich mich nicht entziehen und das hallt auch nach unserer Rückkehr immer wieder nach.
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